22.07.2021

Einst feierliche Einweihung: TWE-Linie wird 120 Jahre alt

Von Dr. Christof Spannhoff 

Lienen. In diesem Jahr wird er 120 Jahre alt: der Streckenabschnitt der Teutoburger Wald-Eisenbahn (kurz TWE) zwischen Bad Laer und Ibbenbüren, an dem auch Lienen, Höste, Lengerich, Tecklenburg und Brochterbeck mit Haltestellen liegen. Am 18. Juli 1901 fand die feierliche Einweihung statt. Ein gebotener Anlass, um auf die Anfänge zurückzuschauen. 

 

Der festlich geschmückte Zug zur Einweihungsfahrt am 18. Juli 1901 in Bad Iburg.
Foto: Wikimedia Commons / gemeinfrei

Bereits für das Jahr 1889 lässt sich der Plan zur Anlage einer Bahnstrecke von Hörstel über Bevergern, Tecklenburg, Lengerich, Bad Iburg, Dissen und Bad Rothenfelde entlang des Teutoburger Waldes nachweisen, nachdem bereits mehrere kleinere Nebenbahnen in der Region in Betrieb genommen worden waren. Das preußische Kleinbahngesetz von 1892 schuf dann die rechtlichen Grundlagen für den Betrieb von Eisenbahnstrecken mit niedrigem technischen Standard, der die Baukosten enorm reduzierte. Nach zähen Verhandlungen mit den Grundstückseigentümern wurde der Bau des ersten Streckenabschnitts der TWE zwischen Gütersloh und Bad Laer Ende August 1899 begonnen. Am 1. November 1900 konnte der erste Zug auf dieser Etappe planmäßig verkehren. Währenddessen befanden sich die Bauarbeiten für den Weiterbau bis Ibbenbüren auf Hochtouren. Wegen der hügeligen Geländeverhältnisse bei Bad Iburg, Tecklenburg und Brochterbeck war dieser Abschnitt ungleich schwieriger zu bewerkstelligen. Die Gleisüberführungen entlang der Strecke zeugen noch heute davon. Alle größeren Bahnhöfe erhielten ein massives zweigeschossiges Empfangsgebäude, während weniger bedeutende Stationen wie Lienen mit eingeschossigen kleinen Fachwerkbauten ausgestattet wurden. 

Der offizielle Festakt zur Einweihung des Streckenabschnitts (Bad) Laer–Ibbenbüren wurde mit der Fahrt eines Sonderzuges am Donnerstag, dem 18. Juli 1901, begangen. Von Ibbenbüren aus fuhr der Zug über Brochterbeck, Tecklenburg, Lengerich, Höste, Lienen bis (Bad) Iburg und nahm die Festgäste auf. Die Ankunft in (Bad) Laer erfolgte um 10.30 Uhr. Ein weiterer Zug aus der anderen Richtung beförderte die zwischen Gütersloh und (Bad) Laer wartenden Teilnehmer. Ein in (Bad) Laer eingesetzter Sonderzug brachte anschließend um 11.00 Uhr alle Festgäste zurück nach Iburg, wo ein gemeinsames Frühstück eingenommen wurde. In Lienen nahm der Gesangverein „Loreley“ am Bahnhof Aufstellung und brachte ein Ständchen. Hauptlehrer August Krumme mit Lehrerschaft und Schülern begrüßten den Zug mit den Worten: „Unsere Zukunft liegt auf der Teutoburger Wald-Eisenbahn“. Abends gab es Feuerwerk für die Lienener. Mit der Eröffnung der Strecke endete auch die Ära des seit 1871 bestehenden Postkutschenverkehrs zwischen Lengerich und Lienen. Von Lienen fuhr der Zug mit der Festgesellschaft zunächst nach Ibbenbüren, dann weiter zum Hafen des Dortmund-Ems-Kanals bei Dörenthe und schließlich nach Tecklenburg. Dort wurde im Hotel „Zu den Drei-Kronen“ ein Festmahl serviert und die Burgruine besichtigt. Das Infanterie-Regiment Nr. 78 aus Osnabrück sorgte für den musikalischen Rahmen während der Fahrt und bei der Festtafel. Für die Rückreise wurden wiederum Sonderzüge in beide Richtungen bereitgestellt.

Das Bahnhofsgebäude in Lienen.
Foto: Ute Peters

Doch der Bau der TWE hatte nicht nur Befürworter. Keinem Geringeren als dem damaligen Bewohner des Gutes Hohenfelde, Graf Ernst von Wedel, der durch das Buch des Schriftstellers Friedrich Kipp als „Schelm von Lienen“ bekannt geworden ist, war dieses moderne Transportmittel ein Dorn im Auge, das jeden Tag laut bimmelnd und schnaubend an seinem Gutshaus vorüberfuhr. Deshalb ärgerte er den Lokomotivführer, wo er nur konnte. Als sich beide wieder einmal am Lienener Bahnhof trafen und abermals trefflich stritten, schaffte es der Graf anschließend, den Zug auf der Strecke zum Anhalten zu bringen, indem er mit seinem Pferd seelenruhig die Gleise blockierte. Doch auch „Graf Ernstken“, wie von Wedel genannt wurde, konnte den damaligen Fortschritt nicht aufhalten. 

Eine Strecke in die Zukunft. Die 1901 eröffnete Bahnstrecke der TWE zwischen Bad Laer und Ibbenbüren. Foto: Chr. Spannhoff